Diplomarbeit

Luftmassenverteilung (nach Klassifikation von Manfred Geb) in Europa im Zeitraum von 1979 bis 2000

Diplomarbeit von Lars Hattwig am Meteorologischen Institut der Freien Universität in Berlin

Begriffe wie Klimawandel und Klimaveränderung sind zur Zeit permanent in den Medien zu hören und lesen. Tatsächlich waren die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Mitteleuropa wärmer als die achtziger Jahre. Dies konnte anhand der Häufigkeitsverteilung von Luftmassen über Europa belegt werden.

Mit einer Wetterstation werden regelmäßig viele meteorologische Parameter erfasst und weltweit ausgetauscht. Neben den Messungen zahlreicher Wetterstationen am Boden registriert man mit Hilfe von Radiosondenaufstiegen sowie Satellitenmessungen unter anderem auch Druck, Temperatur, Feuchte sowie Windrichtung und Windgeschwindigkeit in höheren Atmosphärenschichten. Mit dieser Methodik ist anschließend eine Diagnose der Luftmassen in verschiedenen Höhenniveaus möglich.

In der am Meteorologischen Institut der Freien Universität täglich erscheinenden Berliner Wetterkarte werden neben den Analysen der Wettersysteme und Luftmassengrenzen auf Meeresniveau auch die nach Professor Dr. Manfred Geb klassifizierten maßgeblichen Luftmassen auf 850 hPa – was etwa einer Höhe von 1500 m Höhe über NN entspricht – über Europa diagnostiziert.

Luftmassen wurden auf 850 hPa (ca. 1500 m.ü.NN) betrachtet

Beim täglichen Studium der Berliner Wetterkarte bekommt man im Laufe der Zeit einen Überblick in welchen Gebieten welche Luftmassen besonders oft vertreten sind. Relativ trivial erscheint die Feststellung, dass sich maritime Luft über den Meeren aufhalten und kontinentale Luft entsprechend über dem Festland zu finden sind. Ebenso einleuchtend erscheint das häufige Vorkommen von kalten Luftmassen über Nordeuropa und warmer Luft über Südeuropa.

Diplomarbeit Lars Hattwig - mittlere Luftmassenverteilung im Februar über Europa und Nordatlantik.
Mittlere Luftmassenverteilung im Februar über Europa und Nordatlantik.

Dennoch gab es bisher keine konkrete Untersuchung der Häufigkeitsverteilung von Luftmassen über einen längeren Zeitraum, zudem noch differenziert
nach Jahreszeiten und Monaten. Bei extrem erscheinende Wetterlagen war man manchmal über das Auftreten von Luftmassen über Gebieten, in denen sie im Standardfall nicht beobachtet werden überrascht. Schnell wurde dann die Behauptung aufgestellt, dass dieses Ereignis sehr selten oder sogar noch nie aufgetreten sei. Nach dieser Arbeit kann das Auftreten einer bestimmten Luftmasse in Europa nun besser eingeordnet werden.


Die Inhalte der Diplomarbeit

Die Dateien liegen im PDF-Format vor.

Kurzzusammenfassung:

Gleichzeitig wurde in dem untersuchten 22-jährigen Zeitraum ein Vergleich der ersten (1979 bis 1989) mit der zweiten Hälfte (1990 bis 2000) durchgeführt. Es
stellte sich heraus, dass vor allem in den Hauptjahreszeiten Winter und Sommer die Häufigkeitsverteilung von Luftmassen in den neunziger Jahren im Vergleich mit den achtziger Jahren nach Norden bzw. Nordosten verschoben waren, in der Weise, dass die obere Westwindzone im Zeitraum von 1990 bis 2000 den Mittelmeerraum seltener erreichte als durchschnittlich in den elf Jahren zuvor.
Als Konsequenz daraus traten in den neunziger Jahren in Südeuropa zahlreiche heiße und trockene Sommer auf. Auch in den Wintermonaten blieb der in der
sonst üblichen Regenzeit dringend benötigte Niederschlag aus bzw. fiel sehr spärlich aus. Daher wurden dort die Wasserspeicher nicht mehr in jedem Jahr
ausreichend gefüllt, was für die in diesen subtropischen Gebieten zu erwartenden niederschlagsarmen Sommermonate z.B. Beeinträchtigungen für die Landwirtschaft bedeutete. Die Desertifikation konnte auf der Iberischen Halbinsel nordwärts an Raum gewinnen.

Die Westwindzone zeigte eine Nordwärtsverschiebung

Auch weiter nördlich zwischen 45°N und 65°N traten in den neunziger Jahren gehäuft warme und relativ trockene Sommer auf. Dies korreliert gut mit der
nordwärts verschobenen Häufigkeitsverteilung der subpolaren Meeresluft mP. Stattdessen wurden dort vermehrt die eher kontinentalisierten wärmeren
Luftmassen cSp und xSp, aber auch die subtropischen cS und xS beobachtet. Von der Häufigkeitsabnahme der kühlen mP und Häufigkeitszunahme der wärmeren Luftmassen in Mitteleuropa profitierten u.a. die Getränkeindustrie uund Tourismusbranche an Nord- und Ostsee.

Winterliche-kalte Luftmassen erreichten Mitteleuropa in den neunziger Jahren seltener

Besonders deutlich zeigte sich die Luftmassenfluktuation im Winter. Kalte Luftmassen aus Nord- und Osteuropa konnten in den neunziger Jahren erheblich
seltener nach Mitteleuropa gelangen als durchschnittlich in den elf Jahren zuvor. Stattdessen wurden mit einer kontinuierlicheren Westwinddrift vermehrt mildere Meeresluftmassen beobachtet. Dies hatte nicht nur im Tiefland, sondern auch in den Mittelgebirgen und Alpen Konsequenzen bezüglich der
Schneedeckenhäufigkeit und – mächtigkeit.

Von Ende Dezember bis Mitte März liegt die Tauwettergrenze (oberhalb derer Schneefälle auch zu einer bleibenden Schneedecke führen) in einer mP-Luftmassen etwa bei 500 m Höhe über NN, in der milderen mPs-/mSp-Luftmasse bei rund 1200 bis 1400 m Höhe über NN, in subtropischer Meeresluft
mS oberhalb von 2000 m Höhe über NN. Mit Hilfe der aufgetretenen Häufigkeiten von maritimen Luftmassen kann in etwa die durchschnittlich zu erwartende Höhengrenze der Schneesicherheit in den Bergen angegeben werden.

Die Schneesicherheit in den Bergen nahm in den neunziger Jahren ab

Die Häufigkeitszunahme der mSp-/mPs- und mS-Luftmassen hat dazu geführt, dass in den Mittelgebirgen Westdeutschlands (z.B. Eifel, Hunsrück, Taunus und
Sauerland) selbst im Hochwinter der neunziger Jahre zumeist keine wintersporttaugliche Schneedecke anzutreffen war. Auch die Wintersporttourismusbranche im Schwarzwald sowie in den tieferen Lagen der Alpen bemängelten die Schneearmut und die damit ausgebliebenen Winter Urlauber.
Gerade dort zum südwestlichen Mitteleuropa kann subtropische Meeresluft häufiger heranwehen als beispielsweise zu den östlicher gelegenen
Gebirgszügen wie Böhmerwald und Riesengebirge, die selbst in den milden Wintern der neunziger Jahre noch eine ausreichende Schneedecke aufweisen
konnten. Denn dorthin gelangten die Zyklonen bzw. Warmsektoren schon meist okkludiert, so dass die Tauwetterperiode kürzer und schwächer ausfiel.
In der Phänologie führte im Tiefland zudem die seltenere Anzahl von Frosttagen und nur relativ geringe Kältesummen zu einer Verkürzung der winterlichen
Vegetationsruhe. Damit stieg die Gefahr von Spätfrostschäden wegen der schon frühzeitig weit vorangeschrittenen Vegetationsentwicklung in der Natur, die von der Landwirtschaft teilweise auch beklagt wurden.
In Nordeuropa sorgte der Häufigkeitsrückgang von sehr kalten Luftmassen beispielsweise für eine meist geringe Meereisausdehnung bzw. Meereisdicke.

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